Anlage:29. Dezember 2018 17 Hippies
Ankündigung von Ralf Thürsam in der Märkische Allgemeine vom 26. Dezember 2018
"Kirschenzeit im Kesselhaus
Potsdam. Zu ihrem Jubiläum vor zwei Jahren hatten sich die 17 Hippies gleich zwei Platten gegönnt. Warum auch nicht? Die Band aus Berlin hatte ja bereits zwanzig Jahre lang etwas zu sagen und zu singen. Auf „Anatomy“ bot die vielköpfige Schar einen Querschnitt durchs eigene Schaffen und auf „Metamorphosis“ die verändernde Sicht vieler ihrer musikalischen Freunde auf ihre Songs. Ein doppeltes Wagnis und ein zweifacher Gewinn.
Der Globus und sein Groove
Und in der Zwischenzeit? Die bunte Truppe, die von Anfang an musikalische Einflüsse aus allen Ecken der Welt geschmeidig und geschickt für sich nutzbar gemacht hat, blieb natürlich nicht untätig. Nahezu permanent auf Reisen – rings um die Welt unterwegs – von Amerika bis Australien.
Jetzt besingen die 17 Hippies – tatsächlich sind es 13 starke Charaktere – die „Kirschenzeit“ (Hipster Records/Soulfood). Diese Zeit signalisiert Aufbruch, Ausbruch, Veränderung. Ins historische Gedächtnis des benachbarten Frankreich sind „Le temps des cerises“ tief eingeschrieben, da sie für immer mit den Aufständen der Pariser Kommune im Frühjahr des Jahres 1871 verbunden sind. Der Versuch einer Weltveränderung im Blut – rot wie Kirschen – erstickt.
Lüül spielt Banjo, mitunter singt er auch
Nicht immer wird in den jüngsten Stücken auf die Barrikaden gestiegen. Allerdings geht es um Widerstand, um Streit, Einwände und Fragen, um Verluste, Reibung und einen staunenswerten Gemeinschaftssinn, den sich die Hippies so lange erhalten haben. So wird nachgedacht über die Welt, die immer verrückter zu werden scheint, über Zweisamkeit, die nicht ewig währt, über die Liebe, die sich oft selbst genug ist und zum Glück ganz im Moment lebt. Die meisten Texte steuerte übrigens Sängerin Kiki Sauer bei. Manchmal singt auch Lüül mit. Bürgerlich heißt der Berliner Lutz Graf-Ulbrich. Banjo spielt der Musiker bei den Hippies. Einst war er mit den Krautrockern von Agitation Free auf Achse und er lebte in den Siebzigern mit der Sängerin Nico von Velvet Underground zusammen.
Herumgekommen wie die 17 Hippies nun einmal sind, braucht es niemand wundern, wie welthaltig, weise und wunderbar wandlungsfähig sie ihre zumeist leisen Lieder in so verschiedene Sounds einbetten. Hier die Trompeten der Mariachi aus Mexiko. Da die Klarinette, die Assoziationen an Balkan oder Klezmer weckt. Dort der Mandolinen-Folk, das Musette-Akkordeon oder die Surf-Gitarre. Eine Band mit akustischer Grundierung, fantastischem Groove und ganz viel Spiel-Raum. Gesungen wird ohnehin auf Französisch, Englisch und Deutsch. Klingt stark und selbstbewusst. Ist es auch. Wohl nicht umsonst zieren tiefrote Kirschen das Cover. Kirschen, die übrigens Boxhandschuhe sind. Die Hippies nehmen jede Herausforderung an.
Das Konzert: Die 17 Hippies treten am 29. und 30. Dezember jeweils um 20.30 Uhr im Kesselhaus der Kulturfabrik in Berlin-Prenzlauer Berg auf."