Anlage:24. Juni 2014 Eels

Aus Rockinberlin
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  • Bericht von David Ensikat im tagesspiegel vom 26. Juni 2014

"Eels live im Berliner Tempodrom: Finstermelodie
Mark Oliver Everett singt mit seinen Eels im Berliner Tempodrom traurige Märchen.

Letztes Jahr kamen sie in Trainingsanzügen, dieses Jahr in Schwarz. „Last year was fun. This time it’s getting hard“, sagt der Ober-Aal, Mark Oliver Everett, der Einzige der Eels, der immer dabei ist, der, um den sich alles dreht. Und dessen Musik so unterschiedlich ist wie seine Stimmungen, von Jahr zu Jahr was anderes.

Im Tempodrom stehen Stühle, die Zuhörer bleiben darauf sitzen, denn die jüngste Eels-Musik ist nichts zum Tanzen. Im letzten Jahr war es ein heftiger Blues-Rock, verzerrte E-Gitarren, E-Bass, jetzt sind es meist getragene Popstücke, Klavier, Trompete, Kontrabass, sanfte Gitarren und die „Sad Machine“ – so nennt der Sänger in der Vorstellungsrunde die Pedal-Steel-Guitar. Die Musiker in ihren Anzügen sehen aus wie eine gepflegte Tanzmusikcombo aus den Fünfzigern, allein der schmale Everett mit seiner dunklen Brille, dem wirren Haar, dem Vollbart, leicht gebeugt, sieht nicht ganz so prächtig aus. Die Blicke zieht er umso mehr auf sich.

„The Cautionary Tales of Mark Oliver Everett“ heißt sein jüngstes Album, der Mann, um den sich alles dreht, der kleine Star, gibt sich als abschreckendes Beispiel: Werdet bloß nicht so wie ich. Kein Problem, denkt man, denn Everett, den man auf der Straße für einen leicht verwirrten, in die Jahre gekommenen Hipster halten würde, ist viel zu talentiert und bestimmt sehr anders als unsereins. Deshalb himmelt man ihn schließlich an.

Er kündigt seine traurigen Lieder an: „This one is a bummer“, „Was jetzt kommt, ist nur Mist“, und die Leute lieben ihn dafür. Denn der Mist ist so melodisch, perfekt instrumentiert, mit seiner knarzend rauen Stimme großartig gesungen. Ganz ähnlich wie man ihn von den Platten kennt, aber hier, vor uns, gespielt natürlich noch viel schöner.

Was man sich bei Popkonzerten sowieso fragt, fragt man sich bei Everett umso mehr: Was denkt er sich eigentlich? Macht er sein Publikum gerne glücklich (auf dieser Tour an 50 Abenden)? Er singt von seinem Unglück, da weiß man nicht, wie’s ankommt, wenn ein Fan beglückt dazwischenjohlt. Everett spricht das Publikum mit „Mein Schatz“ und „Schatzi“ an. Glaubt er, dass die Deutschen das lustig finden, oder meint er’s gar nicht lustig? Und wenn er von der Bühne steigt, um sich von allen, die schnell genug vorne sind, umarmen zu lassen – ist das Spaß oder Therapie? Man weiß das alles nicht. Man mag nur die Musik."