Ballhaus Spandau
Lade Karte …
Das Ballhaus Spandau befindet sich in der Dorfstr. 5. Von 1976 bis 1978 wurde es von Joe Knoch unter dem Namen "Joe's Ballhaus" betrieben.
Artikel zur Geschichte[Bearbeiten]
Einst wurden an der Dorfstraße Ruderer bewirtet - jetzt treffen sich dort Nachtschwärmer: Hier schmusten schon viele Generationen
Mit Live-Musik und einer Prise Nostalgie lockt seit fast 60 Jahren ein Tanzlokal seine Gäste nach Tiefwerder. Die Rede ist vom Ballhaus Spandau an der Dorfstraße 5.Donnerstag, gegen 22 Uhr: Im Ballhaus haben sich die ersten Tänzer eingefunden. Viele davon sind Schüler. Diskjockey Uwe Weis kennt ihren Geschmack: "Das junge Publikum hört am liebsten neue Gruppen wie die ,Cranberries' oder ,Mr. Ed Jumps The Gun'". Zu den regelmäßigen Gästen zählt der 21jährige Student Andre Gabriel. Er kennt den Tanzsaal schon aus den überlieferten Erzählungen seiner Urgroßeltern, die dort im Jahre 1928 ein Ausflugslokal besaßen. Andres Mutter berichtet: "Mein Großvater Erich Schulz war gelernter Koch, als er Ende der zwanziger Jahre das ,Sport-Club-Haus' an der Dorfstraße eröffnete. Das Publikum bestand größtenteils aus Wassersportlern und Vereinen", erzählt Heidi Gabriel."Der riesige Tanzsaal sieht noch heute fast genauso aus wie früher. Selbst die alte Theke steht noch", sagt Heidi Gabriel. Hinter dem Podium befand sich früher ein Ausgang, der auf einen schmalen Grünstreifen zum Wasser führte. Dort platzierten Erich Schulz und seine Frau Magarete im Sommer Stühle und Tische, um vorbeifahrende Ruderer bewirten zu können. 1955 kündigte er wegen Krankheit den Pachtvertrag.
Jazz löste den Walzer ab. Die Familie Zietz übernahm das Geschäft und nannte das Lokal "Ballhaus". Dem Publikum wurde nun statt Walzer und Tango Jazzmusik geboten. Zu den damaligen Gästen gehörte Gerhard Raab, heute Inhaber eines Spandauer Möbelhauses. Am Wochenende machte sich der Schüler des Kant-Gymnasiums regelmäßig auf den Weg nach Tiefwerder, um dort Schülerbands zu bewundern. Das große Vorbild für jene Nachwuchsmusiker war der Klarinettist Jan Kusch mit seiner "Havelia Jazzband". Gerhard Raab: "Jan imitierte perfekt Jazzkünstler unserer Zeit. Wenn er Chris Barbers Song ,Ice Cream' vortrug, bebte der Saal." Natürlich spielten die Bands zu später Stunde auch langsamere Lieder. Ute und Bernd Preis trafen sich Ende der fünziger Jahre zum ersten Mal im Ballhaus - und verliebten sich dort ineinander. "Diese Abende in der Dorfstraße boten uns Jugendlichen die einzige Möglichkeit, Kontakte zum anderen Geschlecht zu knüpfen. So entwickelte sich unsere Jazzbar zu einer richtigen Kennlernbörse", schwärmt die heutige Therapeutin Ute Preis. Mitte der 60er Jahre lösten die "Beatles" wiederum die Dixieland-Ära ab. Die Pilzkopf-Generation bevölkerte nun das Ballhaus.
Wirt ohne Konzession. Im Jahre 1976 übernahm Joe Knoch das Ballhaus. Die Nach-Hippie-Ära brachte allerdings nicht nur friedliches Publikum in das Nachtlokal. Immer häufiger kam es zu Krawallen. Dennoch gelang Knoch eine kleine Sensation: Die Gruppe "City" durfte als erste Ostberliner Rockband in der Diskothek auftreten. 1978 mußte Knoch aufgeben - er besaß keine Konzession. Mit dem neuen Pächter Klaus Wehler kehrte in Tiefwerder wieder Ruhe ein. Er forderte seine Gäste auf, ihre Autos unmittelbar vor der Dorfstraße abzustellen. Ende der 70er Jahre entwickelte sich das Ballhaus zur reinen Diskothek. Als Rainer Bender 1981 das Ballhaus übernahm, versuchte auch er, Live-Bands nach Spandau zu holen. Er lud im gleichen Jahr die Gruppe "Skyhook" ein. Die vier Berliner Musiker waren von dem Lokal so begeistert, daß sie eine Langspielplatte von einem Konzert im Ballhaus aufnehmen ließen. Heute treffen sich dort bis zu 500 Nachtschwärmer. "Wir haben vor kurzem die Toiletten, Fußböden und Lichtanlagen erneuert", sagt der heutige Gastwirt Rainer Bender. Auch Live-Musik soll es in Zukunft wieder geben.
Artikel von Christina Wessel, erschienen in der Berliner Zeitung am 7. Februar 1996
Weblinks[Bearbeiten]
- Ballhaus Spandau bei Wikipedia
- Artikel von Christina Wessel zur Historie des Ballhaus in der Berliner Zeitung Ausgabe Februar 1996
- Artikel von Ulrike Kiefert im Spandauer Volksblatt Ausgabe Mai 2018